Satanismus von Ingolf Christiansen




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Satanismus von Ingolf Christiansen

Beitragvon dewdrop » Fr 18. Mai 2007, 18:07

Quelle zu Originalpage http://www.ra-info.org/intl-resources/satanismus.shtml


Ingolf Christiansen: Santanismus
Satanismus und Ritueller Mißbrauch
Aktuelle Entwicklungen und Konsequenzen für die Jugendhilfe
Dokumentation einer Fachtagung

Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Hamburg e.V.
Hellkamp 68
20255 Hamburg
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Vorwort

In der gegenwärtigen "religiösen und weltanschaulichen Randszenerie" stellt der Satanismus sicherlich den schillerndsten und spekulativsten Bereich dar. Es vergeht kaum ein Tag der Woche, an dem nicht der Teufel in Fernseh- oder Rundfunkprogrammen, in irgendeiner Zeitung oder Illustrierten zum medienwirksamen Gegenstand öffentlichen Interesses gemacht wird. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß parallel zur zunehmenden Thematisierung von Satan, Teufel und Luzifer in den Medien auch die Unwissenheit und Verwirrung über die Erscheinungsformen des Satanismus in der Öffentlichkeit zu-, aber gleichzeitig das sachliche Reflektieren über geeignete Präventionsmaßnahmen abnimmt.

Hier wird man, hoffentlich nicht vergebens, an die Verantwortung der Medien für eine sachgerechte Berichterstattung, frei von jeglicher Sensationsgier und Effekthascherei, appellieren müssen. Es wäre allerdings blauäugig zu glauben, ein Appell würde alle Probleme der Berichterstattung über Satanismus auflösen. Medien werden immer eine Vielzahl von - auch sachgerechten - Informationen zusammenfassen, komprimieren und publikumswirksam aufbereiten. Die Gefahr besteht, daß in ihrer Berichterstattung nicht nur "Trends" aufgenommen und verarbeitet, sondern in erster Linie es zur "agenda-setting function of the press" kommt, d.h. "Trends" produziert werden (s. Aufsatz von Dr. U. Müller "Zur Konstruktion von Wirklichkeit" in "Jugend & Gesellschaft", 4, 1988).

Nicht nur die Medien können eine "Trendsetterfunktion" ausüben. Auch die Experten werden ihren Dienst und ihre Arbeitsweise einer sorgsamen Selbstreflexion und Supervision unterziehen müssen. Naturgemäß kann es nicht die Aufgabe kirchlicher und staatlicher Sektenexperten oder Experten von "Betroffenen"- und "Eltern-Initiativen" sein, bis ins letzte i-Tüpfelchen sozialwissenschaftlich gedeckte Aussagen, wenn es die denn schon im ausreichenden Maße für den Bereich Satanismus geben würde, zu machen. Es geht vielmehr darum, das berechtigte Anliegen nach Schutz und therapeutischer Hilfe für die Involvierten und Aussteiger und die immunisierende Aufklärung für die "Noch-nicht-Betroffenen" vor Augen zu haben. Um diese Aufgabe effizient erfüllen zu können, wird in geeigneter Art und Weise auch die Zusammenarbeit mit den Medien zu suchen sein.

In Gesprächen mit und Beratungen von Jugendlichen und Erwachsenen tritt häufig ein anderes Problem zu tage. Oft wird man mit "überhöhten, märchenhaften Erzählungen" konfrontiert, so daß die Klärung und das Herauslösen des tatsächlich Geschehenem von der Phantasie und der oft zu beobachtenden Wahrnehmungsverschiebung der Involvierten oder Sekundär-Betroffenen viel Zeit und Anstrengung in Anspruch nimmt. Auch ist bei einer Anzahl von "Beratungsuchenden" eine psychopathologische Auffälligkeit zu konstatieren.

Wieviel an Wahrheit steckt in den oft unglaublichen Berichten von Aussteigernund "Noch-Involvierten" über rituelle Praktiken? Was ist von den Fundenangeblich rituell geschächteter Tiere zu halten? Gibt es Rituellen Mißbrauch oder sogar "Menschenopferungen" in der Bundesrepublik? Welche Auswirkungen hat das Verletzen der "Arkandisziplin"? Wie kann man sich mit einer "Satanssekte" einlassen und in ihr involviert werden? Das sind die häufigsten der unsystematisch gestellten Fragen in vielen meiner Vorträge und Beratungen.

Mit diesen Ausführungen soll der Versuch unternommen werden, den Satanismus phänomenologisch (weniger historisch, denn dafür gibt es genügend gute und informative Abhandlungen auf dem Markt - s. Literaturhinweise am Ende) wahrzunehmen und Verstehenshilfen für den eigenen Umgang mit dieser Thematik anzubieten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Autor als "Weltanschauungsbeauftragter in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers" ein theologisch-apologetisch geprägtes Vorverständnis mitbringt.



1. Einleitung
Die erste Feststellung, die wir für den Bereich Satanismus treffen müssen, ist die, daß es "den Satanismus" gar nicht gibt! Satanismus ist von seiner "Philosophie", Weltanschauung und Ritual-Praxis her beurteilt kein monolithischer Block, denn es gibt nicht nur eine, sondern vielzählige Vorstellungen und Seinsarten. Die unterschiedlichsten Traditionen von alt-ägyptischen Mythologien über Kelten, Wicca-Kulte, Gnostischen Vorstellungen bis hin zu westafrikanischen und haitianischen Voodoo-Praktiken oder Rituale der kubanischen Santeria werden im Satanismus der Neuzeit und Moderne ("Neo"-Satanismus) gemischt und praktiziert. Diese Art von Synkretismus erschwert eine korrekte Definition des Satanismus. Am ehesten gelingt eine Kategorisierung, wenn wir die unterschiedlichen satanistischen Strömungen auf ihre phänomenologischen Seiten hin untersuchen. An dieser Stelle sei der Hinweis angebracht, daß es unzählige Versuche gab und gibt das weite Feld des Satanismus mit allen seinen "Spielarten" in einen definitorischen Zusammenhang zu stellen. Welche Kategorisierung gewählt wird, hängt entscheidend von der persönlichen oder beruflichen Betroffenheit und Herangehensweise der Autoren und Experten in dieser Frage ab. Berater und Therapeuten, die sich überwiegend mit Rituellem Mißbrauch im Satanismus beschäftigen, werden eine andere, für ihre Arbeit brauchbare Klassifizierung satanistischer Gruppen und Organisationen suchen als z.B. kirchliche Weltanschauungsbeauftragte, die sich neben der Seelsorge-Praxis auch mit der Phänomenologie unter Einbindung religionsgeschichtlicher und systematisch-theologischer Fragestellungen zu beschäftigen haben.

Zweitens muß eine fast als Paradoxie anmutende Prämisse im Satanismus zur Kenntnis genommen werden, nämlich, daß im Glaubenssystem und in der Ritualpraxis nicht die Figur oder Person des Satan, Teufel, Luzifer im Vordergrund steht. Im Mittelpunkt des Interesses an Satanismus und als primäres Ziel der Ritualpraxis steht vielmehr die "Selbstvergottung" des Menschen. Der Mensch ist das Maß aller Dinge!

Die Erkenntnis der eigenen Göttlichkeit soll mit Hilfe von Ritualsystemen, die das orgiastisch-libidinöse Ausleben des menschlichen Urtriebes - der Sexualität - zum Inhalt und Gegenstand (z.B. in der rituellen Sexualmagie) machen, vorangetrieben werden.

Drittens bleibt festzuhalten, daß der "Satanismus" mit seinen Glaubens- und Weltdeutungssystemen, sowie seiner Ritualpraxis Menschen die Möglichkeit verschafft, mit ihren Mangelerfahrungen in einer gesellschaftlich nicht tragbaren und häufig kriminellen Art und Weise umzugehen. Das Gefühl über Rituale Power, Macht über Menschen und anderen Kreaturen zu bekommen, latent vorhandene Wut auszuleben, Naturgesetze zu seinem Vorteil verändern zu können stellt für manchen ichschwachen Menschen einen Grund dar, sich dem Satanismus zuzuwenden. Immer wieder begegnen mir in Gesprächen mit satanismusinvolvierten Personen ihre starken "Minderwertigkeitskomplexe" und der Glaube, diese durch Ritualpraxis in eine "Ichaufwertung" umzuwandeln. Ein Berufsschüler erzählte mir, daß er als Außenseiter in der Klasse, von den Mitschülern physisch und psychisch drangsaliert, ab dem Zeitpunkt in Ruhe gelassen wurde, als er vom äußeren Habitus sich als einen "magisch Praktizierenden" zu erkennen gab. Der junge Mann war nicht integrierter im Klassenverband, aber er bekam keine Schläge mehr und war dementsprechend von dem Funktionieren seiner Ritualpraxis felsenfest überzeugt. Der Trugschluß von der "Ichaufwertung durch Ritualpraxis" und die Erfahrung von ritueller Gewalt im Alltag satanistischer Praxis ist meines Erachtens mit dafür verantwortlich, daß bei einem Teil der Involvierten in einem nicht unerheblichen Maße psychopathologische Auffälligkeiten (angstneurotische und psychotische Zustände, MPS etc.) festzustellen sind. Dabei wird die Frage offenbleiben müssen, ob die Ritualpraxis Anlaß und Auslöser oder ob eine vorhandene Disposition der Involvierten für den psychopathologischen Befund auschlaggebend sind.



2. Aleister Crowley und der "Moderne" Satanismus
Für den rituellen Satanismus der Moderne ist die Person des Okkultisten und Schwarz- bzw. Sexualmagier's Aleister Crowley (12.10.1875 - 1.12.1947) von entscheidender Bedeutung. Crowley, im strengen Sinn kein Satanist (s. Massimo Introvigne, "Auf den Spuren des Satanismus", EZW-Materialdienst, S. 166, Stuttgart 6/1992; Gleichzeitig kann man Crowley nicht im eigentlichen Sinn als Satanisten ansehen, weil die okkulten Kräfte, die er erwecken will, nicht mit dem Teufel der Bibel identifiziert werden, von dem er schlicht und einfach feststellt, er existiere nicht (Aleister Crowley, "Magic in Theory and Practice", S. 86,New York 1973)), hielt sich, obwohl schon sieben Monate nach dessen Tod geboren, für die Reinkarnation des berühmten Okkultisten Eliphas Levi (Eliphas Levi: "Für die Initiierten ist der Teufel keine Person, sondern eine schöpferische Kraft, zum Guten sowohl zum Bösen" ). Crowley wuchs in einer bigotten, puritanisch ausgerichteten Familie, die sich zu den „Plymouth Brethren" hielten, auf. Das eigenwillig und vielleicht auch schwer erziehbare Kind Edward Alexander wurde von der überforderten Mutter regelmäßig mit dem Attribut "Beast" aus der Johannesapokalypse (dort mit der mystischen Zahl 666 versehen) bedacht. Diesen, von seiner Mutter initiierten "Titel", behielt er bis zu seinem Tode unter der Bezeichnung "To Mega Therion - The Beast 666" bei. Vermutlich birgt die sexual- und lebensfeindliche Erziehung den Grund für Crowleys sexualmagische Versuche und (Opfer-) Rituale, die in ihrer Perversion (Sodomie, sexueller Mißbrauch und nicht nachgewiesenen angeblichen Menschenopferungen (Aleister Crowley fordert im "Liber Al vel Legis" III, 12-13: "Opfert Tiere, kleine und große und danach ein Kind, aber nicht jetzt")), kaum zu überbieten waren und gegen jegliche gesellschaftlichen und christlich-religiösen Konventionen verstießen. Wahrscheinlich mußte er u.a. deshalb als persona non grata seine 1920 in Cefalu auf Sizilien gegründete "Abtei Thelema" 1923 wieder verlassen.

Ein von Geldsorgen geplagter Crowley versuchte, hemmungslos schmarotzend auf Kosten seiner Anhänger zu leben und reiche Frauen ausfindig und abhängig zu machen, die seine Vorlieben finanziell unterstützten und deckten. Vermutlich beschäftigte er sich deshalb auch mit dem Autoren Abraham von Worms (gestorben 1458), der unter dem Namen Abra-Melin als Magier sein Unwesen trieb und angeblich durch eine "magische Operation" des dritten Buches in Besitz von drei Millionen Goldstücken gelangte (s. Harald Baers Aufsatz über "Satanismus" in "Unsere Seelsorge", Okt. 1986).

Mit Crowley verliert der aus dem französischen Kulturraum stammende Satanismus des 17. (Abbé Guiborg, Catherine Deshayes, Madame de Montespan) bis hin zum literarischen Satanismus des 19. Jahrhunderts (Charles Baudelairs, 1821 - 1867, Arthur Rimbaud, 1854 - 1891) endgültig seine Bedeutung (s. die einseitig gefärbten Ausführungen von Joachim Schmidt "Satanismus-Mythos und Wirklichkeit", S.97, 131 Marburg 1992. Schmidt soll nach den beiden Grandt-Zwillingen und ihrem Buch "Schwarzbuch Satanismus", S. 18, Augsburg, 1995 der in der Satanismus-Szene bekannte "Nadir" sein. Außerdem soll er nach Kennern der Szene bekenndendes Mitglied des Ordo Saturni sein.) Im Gegenzug nimmt die Bedeutung und der Einfluß eines vom anglo-amerikanischen Kulturraum geprägten Satanismus zu. Crowley ist bis heute "Spiritus rector" und Ideenlieferant für eine Vielzahl von Gruppen und Organisationen und ihren Ritualen geblieben. 1904 erhielt er in Kairo visionär eine Offenbarung von einem "Geistwesen" namens "Aiwaz" (oder auch "Aiwass"), einem Sendboten "Set's", dem König der Verwüstung und Zerstörung und dem Mörder des Osiris. Die Offenbarung findet ihren Inhalt im "Liber Al vel Legis" ("Buch des Gesetzes") und soll den heranbrechenden neuen "Äon des Horus" proklamieren. Aus seinem Liber OZ sub Figura LXXVI (zitiert bei Horst Knaut, "Das Testament des Bösen", S. 171 f, Seewald 1979) entstammen die als thelemitisches Gesetz und als "Crowley-Charta" bekanntgewordenen und bis heute bei den meisten Gruppen (nicht nur den thelemitischen) als heimlich-ideologisches Leitmotiv akzeptierten Gedanken:

"Das Gesetz des Starken: das ist unser Gesetz und die Freude der Welt.
Tu was du willst, soll sein das ganze Gesetz.
Du hast kein Recht als deinen eigenen Willen zu tun.
Tue den, und kein anderer soll Nein sagen.
Jeder Mann und jede Frau ist ein Stern.
Es gib keinen Gott außer dem Menschen.

Der Mensch hat das Recht, nach seinem eigenen Gesetz zu leben:
zu arbeiten wie er will,
zu spielen wie er will,
zu ruhen wie er will,
zu sterben wann und wie er will.

Der Mensch hat das Recht zu essen
was er will,
zu trinken was er will,
zu wohnen wo er will,
zu reisen auf dem Antlitz der Erde wie er will.
Der Mensch hat das Recht zu denken was er will,
zu sagen was er will,
zu schreiben was er will,
zu zeichnen, malen, schnitzen,
ätzen, gestalten und bauen wie er will,
sich zu bekleiden wie er will.

Der Mensch hat das Recht zu lieben wie er will;
auch erfüllet euch nach Willen in Liebe,
wie ihr wollt, wann, wo und mit wem ihr wollt!

Der Mensch hat das Recht all diejenigen zu töten, die ihm diese Rechte zu
nehmen suchen.
Die Sklaven sollen dienen.
Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen!"

Hier wird defacto eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ausgerufen: die "Gods" und das Palindrom dazu die "dogs". "Die Dogs sollen machtlos dienen, die Gods regieren. Wer nicht erleuchtet ist, gilt als Sklave durch eigenen Willen. Doch sollen unsere Sklaven freie Männer sein. Sie sollen arbeiten, wo sie wollen, wann sie wollen und wie sie wollen. Der Unternehmer mag sie heuern und feuern wie er will. In dieser kontrollierten Anarchie gibt es keine Polizei (jeder sorgt mit Freundeshilfe für seine eigene Sicherheit), keinen Gesundheitsdienst und keinen Schulzwang. Kein Kind muß zu Schule ohne natürliche Neigung. Aufstiegschancen gibt es freilich genug. Wer die schweren magischen Prüfungen packt, kann sogar König werden, aus welcher Kaste auch immer er kommt. Aber die meisten sind ja zufrieden, wenn sie ein Stück Fleisch auf dem Tisch und ein Weib im Bett haben. Jeder tut eben, was er will: Laßt Schuster Schuster sein, Soldaten Soldaten, Physiker Physiker, Priester Priester! Keine Arbeitslosenunterstützung! Wer zu schwach zum Überleben ist, sei verdammt und tot! Amen." (aus: Josef Dvorak, "Satanismus - Schwarze Rituale, Teufelswahn und Exorzismus Geschichte und Gegenwart", S.123f, München 3. Aufl. 1994)

Dieses thelemitische Gesetz zementierte ein Unterdrückungssystem, daß im Grunde genommen nur einen "God" zuließ und das war das "To Mega Therion-The Beast 666". Er bestimmte die "Richtlinien der Politik" und seinen Anordnungen, waren sie noch so unsinnig oder gefährlich, mußte unbedingt Folge geleistet werden! Dazu dienten Übungen und Trainings, die jeder durchlaufen mußte: von der Verpflichtung zur Führung des "magical record", ein Tagebuch, das Crowley zur Begutachtung vorgelegt werden mußte, bis dahin, das Zeitungslesen verboten war und Außenkontakte auf ein Minimum reduziert wurden. Die Neophyten (1. Initiationsgrad) durften nicht das Wort "Ich" gebrauchen. Bei Verletzung dieser Regel mußten sie sich mit einem Rasiermesser Schnitte in den Unterarm zufügen (s. Harald Baer, a.a.O., S. 18).

Crowley übernahm 1921 die Leitung des O.T. O. (Ordo Templi Orientis) vom damaligen Agenten Theodor Reuß und verlagerte einen Teil der Aktivitäten in die USA nach Kalifornien. In der Folge wurden aus der kalifornischen Sektion 40 "aktive Abteilungen" gegründet, die zum Teil bis heute noch aktiv sind. 1947 starb Crowley zweiundsiebzigjährig als Alkoholiker und geistig umnachtet. In seinem Tagebuch gesteht er, daß er sich "hervorgetan" hat "durch Verderbtheit und getrunken nach den 333 Regeln des Suffs" (s. John Symonds, "Aleister Crowley-Das Tier 666", Basel 1983).



3. Typologien und Lexikalisches
Typologien haben neben ihrer guten, leider auch eine unangenehme Seite. Denn sie suggerieren, daß man den Satanismus systematisch klassifizieren kann und daß satanistische Organisationen, Gruppen, Logen etc. in Reinkultur vorhanden, dem jeweiligen Typos einfach zuzuordnen seien. In Wirklichkeit können wir es nur Ansatzweise wagen und mit dem Wissen um die Kritikwürdigkeit dieses Versuchs, den Satanismus der Neuzeit zu typologisieren. Der Italiener Marcello Truzzi unterteilt den Satanismus in zwei große Kategorien, den unabhängigen "Einzelgänger-Satanisten" und den "Gruppen-Satanisten" und davon werden weitere elf Arten (s. Massimo Introvigne, a.a.O., S. 167) abgeleitet. Brauchbarer für meine Arbeit halte ich die Typologie, quer zur soziologischen Unterscheidung von "Einzelgänger"-und "Gruppen-Satanismus", die sich nach Massimo Introvigne stärker auf symbolische und kulturelle Typen bezieht:



3.1. "Ritueller Satanismus"
Der rituelle Satanismus wirkt kirchen- und ordensgründend. Von seinem Lehrgut ist er neugnostisch einzuordnen. Das Erscheinungsbild der Logen wird aus dem Freimauertum entlehnt sein, obwohl diese absolut nichts mit dem Satanismus zu tun haben.

Der wichtigste Vertreter diesen Typs ist der oben schon erwähnte, von den beiden schweizer Theosophen Dr. Karl Kellner und Dr. Franz Hartmann 1895 gegründete sexualmagische "Ordo Templi Orientis" ("O.T.O.-Orientalischer Templer-Orden"). Crowley übte einen entscheidenden Einfluß nach seiner 1922 vollzogenen O.T.O.-Übernahme aus und ließ sich 1924 in Weida / Thüringen als Weltheiland ausrufen (s. A. und F.-W. Haack, "Jugendspiritismus und -satanismus", S.23 f, München 1989). Nach internen Querelen um die Nachfolge und das Erbe Crowleys scheint der O.T.O heute wieder auf Konsolidierungskurs zu liegen. Gleichwohl dürfte der Mitgliederbestand in Deutschland keine spektakulären Ausmaße angenommen haben.

Die sexualmagische Geheimloge "Fraternitas Saturni (FS)" ist eine im Jahre 1926 auf den Berliner Okkult-Buchhändler Eugen Grosche, alias Gregor A. Gregorius (1888 -1969) zurückgehende Gründung. Im wesentlichen wurden die Lehren des O.T.O. mit dem thelemitischen Gesetz übernommen. Einer der Meister der FS ist der Großkanzler "Frater Honorius", der ehemalige Realschullehrer Dieter Heikaus. Der derzeitige Mitgliederbestand ist nicht erfahrbar.

In der Nachfolge der FS, obwohl zu ihr keine Verbindung besteht, sieht sich die amerikanische "Ancient Brotherhood of Satan (ABS)" und deren Oberhaupt "demon Egan", ein amerikanischer Jazzmusiker, Filmemacher und Immobilienverkäufer. Die ABS ist Herausgeber einer weltweit vertrieben Zeitschrift "Brimstone".

Der "Ordo Saturni (OS)" kann als selbständige Tochterloge der "Fraternitas Saturni" bezeichnet werden. Sie ist thelemitisch ausgerichtet und arbeitet magisch-rituell. Getragen wird der OS von einer "Esoterischen Studiengesellschaft e.V.", in Ankum bei Bersenbrück ansässig. Neben Crowleys und seinen Schriften gilt auch die Person des ehemaligen FS-Großmeister Greogor A. Gregorius als anerkannt.

"Thelema-Orden des Argentum Astrum", heute "Thelema Netzwerk", gegründet durch den 1949 geborenen Michael Dietmar Eschner. Eschner fühlt sich als die Reinkarnation Aleister Crowleys. Nach Aussage des Frankfurter Führers des Illuminatenordens H. Englert wäre das die sechzehnte bekanntgewordene "Crowley-Reinkarnation". Eschner fühlt sich, als das "große Schwein 666", der thelemitische Tradition verpflichtet. Er kam aufgrund Mißbrauchsritualen (u.a. durch Folter, z.B. Daumennagelbissen) von (Ex)Mitgliedern und insbesondere wegen sozialhilferechtlicher Angelegenheiten mit der Berliner Justiz in Kontakt. Nach dem Prozeß verlegte er sein Domizil nach Bergen / Dumme in die Lüneburger Heide. Auch diesmal kam es wieder zum "Rituellen Mißbrauch" mit Körperverletzung (sexuelle Nötigung mit Anal-Koitus, zweifache Vergewaltigung, Folter mit brennenden Zigaretten im Brust- und Schambereich usw.) von ausstiegswilliger Frauen. Diesmal mußte Eschner eine sechsjährige Strafe in der JVA Uelzen bis zum heutigen Tag absitzen. Eschner ahmte Crowleys Treiben in Cefalu nach und praktizierte selbstverständlich auch dessen Perversitäten. Kot und Urin, unter Betäubung mit Wodka und als "Ausbildungsabend" oder "Ekeltraining" deklariert, mußten Einstiegswillige konsumieren, damit neben der "neuen Erfahrung" auch ihre psychische Umkonditionierung im Sinne der Organisation und ihres Leiters (Abt von Thelema) stattfinden konnte. Auch die schon bekannten Rasierklingenschnitte beim Ausprechen des Unwortes "Ich" und die Führung eines "magischen Tagebuches" durften nicht fehlen. Ganz zu schweigen, das Eschner die unumstrittene Leiterschaft nicht streitig gemacht werden konnte. Die heutige Mitglieder- und Sympathisantenszene dürfte sich ausgeweitet haben, zumal nach dem Fall der Mauer ein neues Betätigunsfeld in den östlichen Bundesländern gesucht wird. Der Verlag Kersken-Canbaz in Bergen vertreibt das thelemitische Gedankengut und die monatlich erscheinende Hauspostille "Abrahadabra" (AHA) klärt den geneigten Leser über Internas und Ritualsyssteme auf.

Ein typischer Vertreter des rituellen Satanismus ist noch die im Stile einer Kirche aufgezogene "Ecclesia Gnostica Catholica", deren jeweiliger Leiter für ihr "bischöfliches Amt" eine "apostolische Sukzession" für sich in Anspruch nehmen. Sie ist eine Tochtergründung des O.T.O. und hat von Crowley das Ritual (canon missae) übernommen, in dem u.a. "To Mega Therion, Hermes, Pan, Priapus, Simon Magus, Bardesanes, Roderich Borgia, Papst Alexander VI, Ludovicus, Rex Bavariae, aber auch Crowley selbst" angerufen wird. Die Priesterin entkleidet sich und ruft: "Der nackte Glanz bin ich des wollüstigen Himmels der Nacht. Zu mir! Zu mir!" Und bei der Darbringung von Brot und Wein werden die Worte "Touto esti to sperma mou" ausgerufen (aus A. und F.-W. Haack, a.a.O., S. 21). Über die Mitgliederstärke dieser "Satanskirche" ist nichts bekannt und sollte daher eher vorsichtig und zurückhaltend eingeschätzt werden.



3.2. "Rationalistischer" Satanismus
Der rationalistische Satanismus sieht in Satan keine anthropomorphe Gestalt, sondern eine Chiffre, ein Symbol der Auflehnung gegen den allgemeinen und religiösen ethischen Konsens in der Gesellschaft. Alles, was in der Gesellschaft tabuisiert worden ist, wie Sexualität, Gewalt, Extase, ausschweifender orgiastischer Lebensstil wird wieder eingeführt und damit bewußt ein Bruch mit den gängigen moralischen Vorstellungen provoziert. Hier wird der Satanismus tendenziell zur atheistischen Religion (s. Massimo Introvigne, a.a.O., S. 169), in der das Leben, die Natur und die Vernunft religiös-ideologisch überhöht werden. Liturgien und Rituale des Christentums werden benutzt und ins Gegenteil verkehrt, damit soll die emotionale und reale Absage an christlich-jüdische Traditonen besiegelt werden.

Als ein typischer Vertreter dieser Richtung kann Anton Szandor LaVey (bürgerlicher Name: Howard Levy) mit seiner am 30.4.1966 (Walpurgisnacht) gegründeten kalifornischen "Church of Satan" gelten. Der "Irdische Vertreter seiner Höllischen Majestät", so seine Eigenbezeichnung, verfaßte im gleichen Jahr die "Satanic Bible" mit den neun "Satanic Statements", die die typische Auffassung des rationalistischen Satanisten LaVey widerspiegeln:

"1. Satan repräsentiert das Gewährenlassen anstelle der Abstinenz.
2. Satan repräsentiert das Vitale anstelle leerer spiritueller Träume.
3. Satan repräsentiert unbegrenzte Weisheit statt heuchlerischem Selbstbetrug.
4. Satan repräsentiert freundliches Verhalten einzig denen gegenüber, die es verdienen, anstelle nutzloser Liebe gegenüber Unwürdigen.
5. Satan repräsentiert Rache, anstatt die andere Wange hinzuhalten
6. Satan repräsentiert bei Auseinandersetzungen die Verantwortlichkeit dessen, der verantwortlich ist, anstelle der Sorge um psychische Vampire.
7. Satan repräsentiert den Menschen als nichts anderes als ein anderes Tier, manchmal besser, aber viel häufiger schlechter als jene, die auf vier Füßen gehen, ein Tier, das mit seiner angemaßten göttlichen Entwicklung intellektueller und spiritueller Art schlimmer als alle anderen Tiere geworden ist.
8. Satan repräsentiert alle sogenannten Sünden, soweit sie physischer, geistiger oder emotionaler Befriedigung dienen.
9. Satan ist der beste Freund, den die Kirche jemals gehabt hat, weil sie ihn all' die Jahre im Angebot gehabt hat."

(Anton Szandor LaVey, "The Satanic Bible", S. 25, 1966)

1972 unternahm der ehemalige niederländische Schauspieler Martin Lammers den Versuch, eine, mit einem Lehrauftrag versehene Grotte in Etersheim zu installieren. Dazu erwarb er eine der ältesten protestantischen Kirchen und funtionierte sie zu einem "Satans-Tempel" um. Ab 1976 hält sich Lammers in Amsterdam auf und baut im Rotlichtviertel eine Kapelle und betreibt einen Nachtclub mit Namen "Walpurgis-Abtei". Nach vorsichtigen Schätzungen muß man Lammers Gruppe in Holland mit 70 Personen veranschlagen, allerdings dürfte der Kreis der Sympathiesanten und Neugierigen den vierstelligen Bereich erklommen haben.

1975 fand das große Schisma statt, aus dem der "Temple of Set" als wichtigste Gruppierung hervorging. Ärger brachte der Vorwurf an die Adresse LaVey's, er würde "satanistische Priesterweihen" verkaufen. Die Mehrheit der Anhänger der "Church of Satan" in den USA, vermutlich über 500 Priester, wechselten in das Lager von Aquinos "Temple of Set" (s. Massimo Introvigne, a.a.O., S. 174f). Heute die dürfte die "Church of Satan" dank der Zunahme von "Unterabteilungen" weltweit durchaus wieder eine Rolle spielen. Zu ihr zählen sich u.a. "Order of the Evil Eye".



3.3. Okkultistisch-traditioneller Satanismus
Der okkultistisch-traditonelle Satanismus akzeptiert das Welt und Geschichtsverständnis der Bibel (s. Massimo Introvigne, a.a.O., S.168). Für ihn ist Gott eine nicht zu leugnende Tatsache. Satan, der Gegenspieler Gottes, ist der Herrscher dieser Welt. Seine Power wird sich durchsetzen und insofern ist das Christentum ein Auslaufmodell. Wir finden bei den Organisationen, Logen, Orden und Gruppen dieses Typos einen ausgeprägten Dualismus vor. Außerdem wird anhand von Indizes versucht, dieses Welt- und Glaubensbild zu stützen. Dazu dienen die vielen Kriege in der Welt mit ihren Greueltaten, menschliche Gemeinheiten und gesellschaftliche Brutalitäten als Beweise.

Ein typischer Vertreter dieser Gattung ist der "Temple of Set" des Dr. Michael A. Aquino. Durch die Anrufung des "Fürsten der Finsternis" suchte Aquino eine höhere Legitimation für die Neugründung seiner Organisation. Auch hier, ähnlich wie bei Crowley, bekommt der Visionär Kontakt mit einer "dunklen Gottheit", die sich als "Set" aus der ägyptischen Mythologie identifizieren läßt und ihm durch Diktat das "Buch des Lebens", das spätere zentrale Werk des Temple, offenbart (s. Joachim Schmidt, a.a.O., S.173). 1975 wird der "Temple of Set" in den USA als gemeinnützige Kirche mit einhergehender Steuerbefreiung staatlicherseits anerkannt. Aquino, dem die wirklich erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit LaVeys ein Dorn im Auge war, besann sich wieder auf die esoterischen Traditionen: keine öffentlich zugänglichen Rituale, Probezeit von zwei Jahren vor der Initiation, kein Gewinnstreben in der Organisation, alle Ämter bleiben "Ehrenämter" und unterliegen keiner Honorierung. Die Gradeinteilung ist ähnlich der bei der "Church of Satan" und die Organisation wird vom "Rat der Neun" geleitet, deren Mitglieder wiederum auf neun Jahre gewählt sind. Aquino hatte interessanterweise in den 80er Jahren ähnliche Schwierigkeiten mit den Mitgliedern seines "Temple of Set", die ihm autokratische Tendenzen vorwarfen wie LaVey mit denen seiner "Church of Satan" (s. Massimo Introvigne, a.a.O. S. 195). Seine Lösung war elegant: Er zog sich als "Ipsissimus"-Initiierter auf das Altenteil eines emeritierten Großmeisters zurück und überließ das Feld seinem Nachfolger Steven Flowers, einem texanischen Englischprofessor.

Aquino und der "Temple of Set" propagierten und praktizierten die "kleine und große schwarze Magie" In der kleinen schwarzen Magie geht es im wesentlichen um die Anwendung "von einfachen Tricks der Desinformation bis zu extrem subtilen und komplexen Manipulationen psychologischer Faktoren in der menschlichen Persönlichkeit (s. M.A. Aquino, "Black Magic in Theory and Practise", in „The Crystal Tablet of Set", S. 5f; 10 ff), die Aquino als Offizier der US-Navy, dort zuständig für Spionageabwehr und Desinformation, sich während seiner Dienstzeit angeeignet hat. Die große schwarze Magie ist ein in weiten Teilen übernommenes Ritual des "Golden Dawn". Das Ziel dieses Prozesses wird mit der "magischen" Parole des "Zeitalter des Sets" Xeper (= Werde!) eingeleitet. Hier wird mit Hilfe des "Fürsten der Finsternis" (Satan) der Wille des Ritualzelebranten zu höchsten Formen und Stufen der Selbstverwirklichung "kultiviert". Andere Orden innerhalb des "Tempel of Set" sind:

- "Orden des Trapezoids" (pflegt einen germanischen Runensymbolismus)
- "Orden Amn Bast"
- "Orden des Leviathan"
- "Orden des Nepthys"
- "Orden des Vampirs"

Mit der Gruppe "The Black Omen (T.B.O.)" erhalten wir eine "vulgärsatanistische Provinzvariante" des okkultistisch-traditionellen Satanismus. Das Ritualsystem ist einfach strukturiert und wahrscheinlich den Persönlichkeitsstrukturen der Mitglieder angepaßt. Auffällig ist die starke Dominanz des Leiters und die kriminelle Energie, (Ex-)Mitglieder den Ausstieg aus der Gruppe unmöglich zu machen. Insofern ist das Tagebuch der R. ein wichtiger Beleg für die dunkle, menschenverachtende Seite im Satanismus. Hier wird das häßliche und wahre Antlitz des Satanismus nicht durch ein sich intellektuell gebärdenden und als "bekömmlich" angepriesenen rituellen Satanismus verschleiert.



Tagebuch der R.:
Das schwarze Omen (T.B.O.) und seine Sitten

Der Cult ,T.B.O. (The Black Omen) ist glaube ich einer der schlimmsten die ich kenne. Denn ich war mal ein Mitglied von ihm, und weiß von was ich spreche. Daß schlimmste was ich durchmachen mußte, war...das Lösen von dieser Gruppe. Die Jahre, die ich damit verbracht habe, den Teufel anzubeten, waren meist fürchterlich. Warum? Weil es mehr und mehr zu einer Sucht wurde, so wie die Zigaretten.



Neue Mitglieder

Um neue Mitglieder zu gewinnen, zieht T.B.O. immer und immer wieder die gewohnte Masche ab:

1. Anreden auf dem Schulhof oder auf der Straße
2. In einem das Interesse zu wecken, sich mehr für Okkultismus (z.B. Kartenlegen >Tarot< oder Gläserrücken) zu interessieren
3. Versuchen (einen) zu überreden, ob man nicht Lust hat, an einer „Schwarzen Messe" teilzunehmen.

Wenn der Kult das geschafft hat, einen zu überreden, dann ist es meistens schon zu spät, denn dann will man sich immer mehr dafür interessieren. Denn nach der ersten Messe fragt man den Neuen, ob er nicht Mitglied werden möchte. Sagt derjenige aber nein, versuchen die Satansanhänger ihn oder sie immer und immer wieder zu überreden, bis man eben ja sagt.



Das Weihen von neuen Jüngern

Genauer gesagt, das Einschweißen von festen Mitgliedern. Wenn man ein paarmal an einer Messe teilgenommen hat, folgt die Taufe der Jünger. Die Taufe beginnt mit einem fürchterlichen Spektakel. Die Oberjünger ziehen dazu schwarze Mäntel (Kutten) an. Dann entzünden die mittleren Jünger ein großes Lagerfeuer. Sie geben dem neuen Jünger die Taufkutte, die er sich anziehen muß. Später versetzt der Messias den Jünger in Hypnose. Man setzt ihn ca. zwei Meter vom Lagerfeuer weg. Die Oberjünger setzen grausige Masken auf und fangen an, wie wild um den Jünger und dem Feuer zu tanzen. Dabei wirbeln sie immer wieder mit Lederpeitschen um sich, um den Neuen mehr und mehr in Trance zu versetzen. Dieses wilde, laute Getänzel dauert eine ganze Stunde. Anschließend wird eine Hahn auf dem Opferstein getötet. Das Blut wird in einem Taufpokal hineingegossen und dem Jünger, der immer noch in Hypnose ist zu trinken gegeben. Damit ist er „eingeschweißter Satansanhänger".

Als Erinnerung zur Taufe wird ihm ein Kerzenständer, ein Totenkopf und eine Schatulle mit einer Beschwörungstasse gegeben. Der Totenkopf wird auch "Tot mit zwei Gesichtern genannt", weil er auf der Rückseite ein Spiegelbild hat.



Hypnose als Drohmittel

Falls einer der "Jünger der Gemeinde" die Lust am Anbeten des Satans verliert, wird er in Hypnose durch ein Pendeltrack versetzt.

Mit einer Spritze wird ihm (außerdem) ein Serum gegeben, das sonderbare Wirkung hat. Und die ist so: Nachdem man ihm das Serum gegeben hat, wird er aus der Hypnose geholt. Bevor man ihn gehen läßt, wird ihm noch mit (Worten) gedroht, wie z.B. "Denke daran, daß Satan über große Macht verfügt" oder "Bedenke wir sind Diener des Satans und er bestraft diejenigen, die versuchen, uns und ihm nicht zu gehorchen." Das Serum zeigt erst seine volle Wirkung, wenn man schläft. Man bekommt fürchterliche Alpträume, die man vorher nie hatte. Auch ich hatte leider die Erfahrung damit gehabt.



Wudupuppen

Solche Puppen verwendet der Kult, wenn man Aussteigern Angst einjagen will, um sie wieder zurückzugewinnen.



Die Strafe für Verräter

Dieses Zeichen ist für Verräter, die den Kult verraten oder versuchten, es zu tun. Mit einem Messer wird ihm auf den rechten Arm das Teufelskreuz eingeritzt als Erinnerung an seine Mitgliedschaft. Der Strich bedeutet "ewige Verdammnis" in der Hölle. Und der Punkt bedeutet, daß der Ex-Jünger seine Ehre und seinen Stolz auf immer verloren hat. Dann muß er den "Peinweg" durchqueren. Alle Mitglieder stellen sich in zwei Reihen gegenüber auf. Der Verräter muß ihn mit Spucken, Treten, Kratzen und Schimpfwörtern von den anderen durchqueren.

Ist oder hat er es (geschafft), gepeinigt durchzukommen, ist die Strafe noch lange nicht zu Ende. Es folgen fürchterliche Strafen, die er über sich ergehen lassen muß. Die ich lieber nicht aufschreiben werde.



Der Kometenflug

wird im Kult als "Satansritt" bezeichnet. Dieses Ereignis ist für den Kult das wichtigste, was es gibt. Er wird mit großem Spektakel gelobt und gefeiert. Der Grund dafür ist, daß sie glauben, der Teufel selbst würde mit seinem "Höllenwagen" und seinen beiden Ziegenböcken "Delos" und "Zodar" den Himmel überqueren. Der Kometenflug hat ein bestimmtes Zeichen.



Die Opfergaben

Das sind meistens:
- schwarze Hähne (zur Taufe),
- weiße Hasen,
- Katzen,
- kleine Hundewelpen (ca. 2- 4 Wochen).

Im Sonderfall:
- weiße Hennen.

Wenn der Kult die "große Einweihe" hat, wird ein schwarzer Hahn und eine weiße Henne geopfert. Das beweist die Stärke des Satans. Die Weihe, nicht der Jünger, sondern des Teufels, wird jedes Jahr im Monat November gefeiert. Wozu sich alle Mitglieder in einem Pentagramm auf den Boden setzen und dabei den legendären Teufelskreis bilden. Die Macht des Teufels, dem Feuerdämon. Die "Niedrigen Jünger" setzen sich in einer schwarzen Kutte gekleidet außen hin. Die "Oberjünger" und die "Mittleren Jünger" bilden den Stern. Und der Messias sitzt in der Mitte. Er ist mit beiden Farben also Rot und Schwarz gekleidet um seine Stärke zu beweisen.



Das Lösen von der Gemeinde

das ist das schlimmste, was ich durchmachte. Ich weiß, daß der Messias versuchen wird, mich zu finden und mich zurückzuholen. Aber Gott sei Dank habe ich drei bestimmte Freundinnen, die mir im Notfall beistehen werden. Denn Freundschaftsliebe ist meistens stärker als das Böse. Hoffentlich. R."



Ein Brief von T.B.O. an R.

"Diesen Fehler können wir dir nicht verzeihen R. Oh nein, das können wir nicht. Du hättest dich nicht wieder mit ihnen vertragen sollen. Für diesen Fehler wirst du noch schwer bezahlen und wie du dafür bezahlen wirst. Denn wir wissen wie du verletzbar bist, wenn es um deine Freunde geht.

Entweder deine Freunde oder T.B.O. Wir erwarten dich am Mittwoch um 20.00 Uhr im Zirkel. Ob du kommst oder nicht ist deine Sache.

Aber: Denke genau darüber nach, welche Entscheidung du triffst. Denn du bist und bleibst ein T.B.O. Anhänger und dienst Mephisto. Du trägst sein Zeichen. T.B.O. Denke darüber nach (wir erwarten dich)."



Ein Brief von T.B.O. an die Freundin von R.

"Hallo Ivonne!

Ich muß euch beglückwünschen, das ihr euch endlich von R. gelöst habt und ihr eingesehen habt, das diese Freundschaft keinen Wert hat. Endlich steht uns nichts mehr im Wege, um sie ganz zu uns zu holen. Denn sie weiß nicht mehr was sie tut oder sagt. Dank euch ist sie uns endlich gefüge geworden, sie gehört zu uns. Ich danke euch. Endlich können wir sie auf ihre (neue) Taufe vorbereiten. Dann gehört sie für immer uns. Endlich.

Thomas B. Olsen"



Ein Abschiedsbrief von R. an ihre Freundin

"Hallo Ivonne!

Wenn Du diesen Brief erhältst, werde ich nicht mehr sein. Ich weiß einfach nicht mehr, was mit mir werden soll. Ich habe keine Achtung mehr vor Gott, seit ich wieder in dem Kult bin. Vielleicht faßt Du das als Scherz auf, vielleicht auch nicht.

Aber das ist mein voller Ernst. Was soll ich denn noch auf dieser Welt? Ihr könnt die Probleme, die ich habe, ja doch nie verstehen oder ernst nehmen. Es ist auch einfach zu sagen: „Ich habe einfach keinen Lebensmut mehr." Es hat sich ausgespielt mit meinem Leben. Ich bin heute deshalb nicht zur Schule gekommen. Ich kann einfach nicht mehr. Nämlich wenn ich Euch so fröhlich sehe, weiß ich, daß ich es nicht mehr sein kann. Denn hinter meinen Rücken verhindert das immer wieder T.B.O. oder der Rückfall in den Kult, damit sie Euch nicht belästigen.

Spätestens am Donnerstag erfülle ich mein Vorhaben. Sollte ich es aber nicht tun, dann weiß ich, daß ich dazu auch keinen Mut habe. Dann bin ich nur noch ein Feigling, der Eurer Freundschaft nicht wert ist.

Aber man weiß ja nie, vielleicht tue ich es doch. Ich brauchte viel Mut, um diesen Brief zu schreiben, der vielleicht der letzte sein wird. Nämlich, wenn ich zurück denke, habe ich uns vier vor Augen, wie wir zusammen gelacht haben. Die Erinnerung daran, können mich nur halb davon abbringen.

P.S. Wenn ich am Donnerstag nicht zur Schule komme, weißt Du warum. Und sage es vorher nicht Janine oder Jeanette (bitte). Es ist mein Ernst.

Tschau R."



3.4. "Acid" - Satanismus
Ziel ist es, mit Hilfe von Drogen orgiastische und sadistische Satansriten zu feiern. In diesem Zusammenhang kommt es häufig zu Rituellem Mißbrauch von jungen Frauen und zur Gewaltanwendung gegen Tiere und Sachen. Der eigene praktizierte Satanismus muß in diesem Bereich durch körperliche Auffälligkeiten (Tätowierungen, Piercen usw.) proklamiert" werden. Eine, der wichtigsten Gruppen ist der "Temple of Psychic Youth". Aber auch Charles Manson und seine "The Family", die für die 1969 begangenen Ritualmorde an der Hollywood-Schauspielerin Sharon Tate (Ehefrau des Regisseurs Roman Polanski) und weiterer Personen haftbar gemacht wurden, gehören in dieses Genre. Kennzeichnend für diese Bewegung ist die mangelnde Organisationfähigkeit, ein nur schwach ausgeprägtes Ritualsystem, aber dafür den unbändigen Willen alle gesellschaftlichen Konventionen über Bord zu werden. "Entweihungen" (Profanierung) von Kirchen und Friedhöfen gehören genauso zu den Kultpraktiken, wie das Feiern von Tieropfer-Ritualen oder Begehen von Ritualmorden. Es ist davon auszugehen, daß die Medien (Fernsehen und Presse) die Folie für das Praktizieren eines Großteils dieser Rituale bietet.



3.5. Luziferismus
Im Luziferismus wird die Gestalt Satans überwiegend positiv gesehen. Er ist in der manichäischen und gnostischen Tradition der "Lichtbringer" und die Personifizierung des unabhängigen und selbstbewußten Geistes (s. Nevill Drury, "Lexikon Esoterischen Wissens", München 1988). In diesem Zusammenhang muß auf C.G. Jung's "Psychologie des Unbewußten" und seine Idee von den Archetypen (Bilder des kollektiven Unbewußten, z.B. aus verschiedenen Mythologien die Gottheiten) etwas näher eingegangen werden. Hier "entsteht eine neue Begründung des Polytheismus. Es gibt die Archetypen, die antiken Gottheiten. Es gibt sie subjektiv, aber sie sind auch mehr als reines Produkt der Kollektivseele der Menschheit. Man kann sie verehren, sogar anbeten, denn sie manifestieren und repräsentieren Kräfte, die das Individuum transzendieren. Man kann sie zugleich manipulieren, insofern sie Teile des Individuums darstellen. Die Götter begreifen heißt, sich selbst zu begreifen." (s. J.G. Melton, "Magic, Witchcraft and Paganism in America - A Bibliography", New York 1982, S. 20). In diesem Zusammenhang wird von einem Teil luziferistischer Satanisten nach C.G. Jung anstatt der Trinität eine Quaternität favorisiert. Neben dem Vater (die Einheit) und dem Heiligen Geist (die Versöhnung) gibt es noch die beiden Söhne Christus und der Teufel (der Konflikt). In diesem Sinn ist Luzifer (Satan oder Teufel) dann als vierte Person, Seinsform oder Emanation Gottes verstanden (s. auch Massimo Introvigne, a.a.O., S. 202). Die etwas einfacher strukturierte Variante, seit dem Mittelalter im Umlauf, besagt, daß Luzifer, weil er den Menschen das Licht bringen wollte, um ihnen ihre Göttlichkeit bewußt werden zu lassen, aus "Konkurrenzgründen" von Gott (Elohim) aus dem "Himmlischen Hofstaat" entfernt wurde. In der Gegenwart gibt es nur noch kleinere, die Öffentlichkeit scheuende Gruppierungen in der Bundesrepublik.

Bei den nächsten drei Kategorien des Satanismus spielen symbolische oder kulturelle Kriterien für die Klassifizierung keine Rolle. Vielmehr sind ihre Einstufungskriterien im psychosozialen oder soziologischen Umfeld zu suchen.



3.6. Psychotischer Satanismus
ist weder organisiert noch in seinen Ritualpraktiken strukturiert. Psychotische Satanisten sind ihrem Persönlichkeitsprofil entsprechend Einzelgänger. Rituale werden nur alleine oder im kleinen Kreise (zwei oder drei Personen) zelebriert. In "Blut-Ritualen" werden sich am Unterarm Schnitte zugefügt und das so gewonnene Blut Satan geopfert. Anlaß und Auslöser der Ritualpraxis können u.a. "innere Stimmen" sein, die oftmals auf psychopathologische Ursprünge (z.B. Psychosen) zurückzuführen sind. Es ist nicht auszuschließen, daß es in diesem Bereich zu "wahnhaft" motivierten Straftatbeständen, im Extremfall bis zum Mord, kommt.



3.7. Jugendzentristischer Satanismus
ist im Grunde genommen kein echter Satanismus. Jugendliche möchten sich auf allen Ebenen, also auch im jugendkulturellen Bereich, von der Welt der Erwachsenen abgrenzen. Das ist für ihre Entwicklung und Erziehung zur Eigenständigkeit unabdingbar und von größter Wichtigkeit. Jugendliche werden in der Polarität zur - als langweilig, abgesicherten, technisierten und durchgestylten mit wenig Raum für Abenteuer versehenen - apostrophierten "Erwachsenen-Welt" ihre eigene Identität mit ihren originären Ausdrucksformen suchen. In diesem Zusammenhang spielen Gewaltphantasien durchaus eine Rolle. Häufig wird mir berichtet, in welchen Gegenden es wieder zu "Satansmessen" gekommen ist. Bei genauerer Befragung stellen sich Behauptungen schnell als Vermutungen heraus. Wodurch unterscheidet sich jugendzentristischer Satanismus vom echten? Ersterer bietet keine Gewähr auf Dauer. Die Gruppen, kaum durchorganisiert, treffen sich sporadisch. Es gibt zwar einen Initiator oder Anführer, aber keine hierarchische Struktur. Auch sind die Rituale, die an abgelegenen Orten durchgeführt werden, nicht systematisiert oder gar fixiert. Alles ist im Fluß. Als Vorlage für die Ritualpraxis dienen alle möglichen Arten von Literatur (Bücher, Illustrierte, Jugendzeitschriften, wie "Bravo", "Girl" etc.) oder Filme, wie auch Berichte in den einzelnen Fernsehsendern. Häufig werden in diesem Rahmen Tieropferungen vollzogen oder es kommt zu "Entweihungs-Ritualen" (Profanierung) in und an Kirchen. Manche "Sprühaktion" an Hauswänden und Strom-Schaltkästen wird aus einem jugendzentristischen Ansatz heraus geschehen sein.



3.8. Black Metal und Satanismus
kann hier nur grob angerissen werden. Leider gibt es für diesen Bereich noch keine brauchbaren und guten Veröffentlichungen in Deutschland, von ein paar Aufsätzen einmal abgesehen. Die meisten Abhandlungen beziehen sich mehr oder weniger auf spekulative Quellen. Selbst heute geistert noch die Veröffentlichung von U. Bäumer, "Wir wollen nur Deine Seele" mit seinen teilweise willkürlichen Schlußfolgerungen durch deutsche Buchhandlungen. In dieser Abhandlung werden Bands wie die "Rolling Stones", "AC/DC", "Led Zeppelin" oder "Eagles" undifferenziert als Wegbereiter oder Involvierte des Satanismus ausgemacht.

Der Name "Black Metal" bezieht sich auf die zweite LP der Gruppe "Venom" aus dem Jahr 1982, insofern kommt dieser Band auch für den heutigen Black Metal, der ein Subgenre des Heavy Metal darstellt, eine gewisse Bedeutung zu. Die ursprünglich satanistischen Inhalte der Black Metal-Bands der 80er Jahre wurden überlagert durch Endzeitthemen Mitte der 80er Jahre und mündete in den "Trash Metal", der gekennzeichnet ist durch Destruktion, Blasphemie, Perversion, Gewaltphantasien, Zerstörungswut. Anfang der 90er Jahre erscheint als neues Subgenre der Death-Metal mit dem dafür typischen kehlkopfkrebsartigen Gesang und den auf Baß heruntergestimmten Gitarren. Inhaltlich wird jetzt der Tod, Nekrophilie mit all ihren perversen Spielarten, aber auch der Satanismus thematisiert.

Als Beispiel dient der Text "Seven Churches", der Gruppe "Holly Hell by Possessed":

"heilige Hölle
heilige Hölle - tod für uns
satansfell unheilige lust
teufelswasser beginnt zu fluten
gott ist geschlachtet trinkt sein blut

der wirkliche glaube ist ganz nah
wir müssen in satans land gehen
raub des todes und schrei des lebens
sensenmanns atem wird neues leben hauchen

satans sohn ist neu geboren
dem tod verschworen
tage von hass und tage von schmerz
ewigkeit für satans herrschaft

endlose träume nachts
ewiger schlaf ewige angst
geschändete kreuze o schwarze messe
der satan regiert auch mich zuletzt

ganzer himmel ganze erde
du wirst deinen Gott treffen
angekettet in Folter schmerzgefesselt
wie ein Hund

böse tage böse nächte
schwarz wie der Tod sünderherzen herzen aus stein
sensenmanns atem

da war blut und schmerz
da war ekstase
gier nach magie hexengier
zauberei

spür die macht spür die glut
tief da unten
töte leute kille sie
nimm ihre seele

geschwärzte messen geschwärzte kreuze
ritual ab die köpfe kehlen durch
nimm den sündenfall auf dich."

Ein Beleg für das Vermischen in dem Bereich der Subgenres Death Metal und Black Metal mit den Inhalten bietet die Band "Asmodeus" Dort heißt es in einem ihrer Songs auszugsweise:

"du wanderst auf einen ruhigen weg und fandest die verspritzten reste
deine Gedanken wurden sinnlos
hier und da lagen teile von menschlichen körpern
der abartige gestank von ihnen ist das was du überall riechen konntest
ihre torsos waren zerbrochen und verstreut
die gehirne lagen auf dem boden und die augen waren das nächste was du fandest
und dann sahst du deinen spaß
ein brustknochen der zur sonne zeigte
jetzt hast du das gefühl alle bruchstücke platzen in deine vagina herein
"du kommst"
vergewaltige den tod und genieße den tödlichen Sex."

Weitere Bands haben die teilweise beziehungsreichen Namen: "Signum Salomonis", "Necrolust", "Cannibal Corpse", "Impaled Nazerene", "Sleeping Gods", "Mangled Torsos", "Crematory", "Katatonia" u.v.a.m.

Anfang der 90er Jahre erhält der "Black Metal" seine "zweite Luft" und ist, ideologisch verschärft gegenüber der ersten Black Metal-Welle, voll wieder im Geschäft. Diesmal (1992) übernehmen norwegische "Black Metal'er" die geistige Führerschaft, allen voran der damals 22jährige Varg Vikarnes von der Gruppe "Burzum", auch bekannt unter dem Titel "Greven" (der Graf). Er war Mitbegründer des "Inner Circle", einer militanten satanistischen Vereinigung von "Black-Metal-Musikern". Vikarnes ermordete aus Konkurrenzgründen den Satanisten und Black Metal-Musiker Oystein Aarseth, alias "Euronymus", der bis dato als Kopf des norwegischen Circles galt (s. die Reportage von Wolf Rüdiger Mühlmann im Göttinger Tageblatt "Satanismus und Musik", S. 25-27, 9.2.1995). Vikarnes mit seinem Pseudonym "Count Grishnackh" und anderen Mitgliedern des „Inner Circle" sind mittlerweile über 20 Kirchenbrände in Norwegen zur Last gelegt worden. Der "Graf" führt, obwohl zu lebenslanger Haft verurteilt, seine "Geschäfte" aus dem Knast weiter. Nicht nur Vikarnes, auch andere Black Metal'er mordeten, so z.B. der Schlagzeuger der Gruppe "Emperor", Bard G. Eithin, Pseudonym "Faust" in Lillehammer einen Homosexuellen. Bands, die laut Mühlmann dem norwegischen "Inner Circle"\ angehören heißen: "Burzum", "Dark Throne", "Immortal" und "Emperor".

Inzwischen soll sich, von den Norwegern beeinflußt, eine "German Black Metal Mafia" in Deutschland gegründet haben.

Als Black Metal-Bands zählen sich: "Acheron", "The Principle Of Evil Mad Flesh", "Bifrost", "Obscure", "Tiamat", "Cynic", "Abyssic Hate", "Ungod", "Black Funeral", "The Dark Regions", "Godkiller", "Dark Sanctuary", "Zephirous", "Funeral Moon" und v.m.

Eine weitere Beobachtung ist für diese Szene symptomatisch. Es tritt eine zunehmende Versektung der Bands ein, die neben ihren "Live-Gigs" als "Organisationsgründer" in Erscheinung treten. Die Gruppe "Acheron" kann dafür als Beleg dienen. In einem Interview mit einem Rock-Magazin bekannte Gitarrist Vincent Breeding, daß der Band-Leader von "Acheron" Vincent Crowley eine "Satans-Sekte" mit dem Namen "Order of the Evil Eye" als Unterabteilung der "Church of Satan" gegründet habe. Angeblich umfasse der weltweite Mitgliederbestand 5.000 (?) Personen. "Acheron" besingt auf der 1992 erschienenen CD "Rites of the Black Mass" das gesamte Ritual der "Schwarzen Messe" des Anton Szandor LaVey und seiner "Church of Satan".

Ein weitere Signifikanz für diesen Bereich liegt in der zunehmenden Kommerzialisierung. Verlage und Versender, wie z.B. "Nuclear Blast", "Alchemy"; aber auch EMP u.a. verkaufen neben CD's natürlich auch "Fan-Zines", Literatur, sonstige "Devotionalien", T-Shirt's, aber auch "Untergrund-Literatur", z.B. die Blätter "Nordic Vision" (Themenbereich: Skandinavischer Satanismus), "Chaos", "Immemorial", "Deo Occidi", "INFERNUS-The Second Blasphemie", usw. Es braucht keine ausgeprägte Phantasie, festzustellen, daß die Kommerzialisierung entscheidend zur Verbreitung satanistischen Gedankengutes beiträgt.



4. Praktiken und Rituale
Arkandisziplin (AD)

Jede Satansorganisation (Kult), Gruppe, Loge oder jeder Orden pflegt ihre, bzw. seine "Arkandisziplin", d.h. initiierte (eingeweihte) Mitglieder dürfen bei martialischer Strafandrohung (z.B. Folter, Vergewaltigung, Tod usw.) keine Informationen über die Infrastruktur und den Organisationsgrad der Gruppe, Loge, des Ordens nach außen weitergeben. Auch dürfen sie nicht über Initiationsgrade, über den genauen Ablauf von Ritualen oder sonstigen Praktiken berichten. Das Initiationsritual bindet ferner die Mitglieder zeit ihres Lebens an die Organisation. Sie können nach dem Selbstverständnis der Gruppe, Loge oder des Ordens nicht mehr aussteigen. Es sei denn, die Organisation würde sich auflösen oder die zweite Möglichkeit, dem "Eingeweihten" ereilt der Tod.

Ausstiegswilligen wird die wilde Entschlossenheit der Organisation, sie nicht so ohne weiteres ziehen zu lassen, psychisch wie physisch vor Augen geführt. Z.B. berichtete ein Aussteiger, daß der Anführer einer Gruppe mit Hilfe von Bodygards und Androhung von körperlicher Gewalt ("...wenn man aussteigen will, dann für immer...!") versuchte, ihn vom Ausstieg abzubringen. Aussteiger sind einem permanenten überwiegend psychischen Druck ausgesetzt. Sie bekommen Pakete mit halbverwesten schwarzen Katzen und Hähnen zugeschickt oder man legt z.B. tote Ratten in Pentagrammform vor die Wohnungshaustür des Ex-Mitgliedes. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob der Kult zum "Vulgär-Satanismus" (bedeutet: es ist nur ein gering ausgeprägtes Ritual-System vorhanden) oder zu einem mit akademisch gebildeten Intellektuellen besetzten "Rationalistischen Satanismus" zählt.

Das solche "Druckmechanismen" greifen, hängt zum einen mit dem magischen Verständnis der Involvierten zusammen; zum anderen sind sich die meisten Mitglieder der Tatsache bewußt, daß es bei den praktizierten Ritualen oder sonstigen Praktiken der Gruppe häufig zu Straftatbeständen kommt, die, einmal bekanntgeworden, notwendigerweise eine Strafverfolgung durch Staatsanwaltschaft und Polizei nach sich ziehen. Ex-Satanisten führen in Gesprächen neben ideologischen auch ökonomische Gründe an, warum das Verletzen der Arkandisziplin und der damit oftmals verbundene Ausstieg der "Arkandisziplin-Verletzer" so unnachgiebig und unerbittlich durch die Organisation verfolgt wird. Jeder "Aussteiger" dokumentiert mit seiner Verhaltensweise, daß entgegen der Prämisse z.B. im "Okkultistisch-Traditionellen Satanismus", Satan nicht über die "Allgewalt" auf Erden verfügt, er nicht der "Fürst (Herrscher) dieser Welt" ist und daß man dementsprechend unbeschadet die ideologische Rüstung wechseln kann. Die Akzeptanz eines solchen Schrittes durch die Satansgruppe, -loge oder den Satansorden bedeutet, daß der Untergang dieses Satankultes vorprogrammiert ist! Auch haben Satansorganisationen durchaus ein ökonomisch-monetäres Interesse, daß die Involvierung ihrer Anhänger festgeschrieben wird. Das sichert auch zukünftige Einnahmen u.a. durch den Zwang zur Prostitution der weiblichen Mitglieder, Drogen-Deals, Hehlerei und Erpressen "freiwillig gezahlter Geldbeträge".

"Schwarze Messe"

Die Schwarze Messe stellt die Umkehrung des christlichen Ritus, genauer der Römisch-Katholischen Messe dar. Zum Szenarium satanistischer Messen gehört schwarzes Tuch, Paramente, vergleichbar den liturgischen Gewändern der katholischen Priester oder Mönche. Meßbücher und Pulte finden Verwendung (s..Crispino, Giovanni, Zatterin, "Das Buch vom Teufel", S. 73, Frankfurt/M 1987). Die Schwarze Messe nach Anton Szandor LaVey wird mehr in der Form eines (perversen) Psychodramas zelebriert, die Dvorak (s. Dvorak, a.a.O., S. 103, zitiert bei J. Schmidt, a.a.O., S.164) folgendermaßen beschreibt:

"Verwendet werden dabei Texte aus der Bibel, dem Missale Romanum (in entsprechend pervertierter Form), von Charles Baudelaire und aus Joris-Karl Huysmans satanistischen Schlüsseroman 'La Bas'. Der Kultraum ist einer gotischen Kapelle nachempfunden, als liturgische Musik spielt eine Orgel Werke von Bach oder Palestrina, unter dem Bildnis Baphomets hängt über einer nackten Frau ein auf den Kopf gestelltes Kruzifix. Als Hostie dient ein Rübenschnitzel, das Weihwasser wird durch den Urin einer als Nonne verkleideten Hexe ersetzt, die ihn zuvor coram publico in einen Nachttopf strömen läßt. (.....). Das Gloria der Schwarzen Messe lautet: 'Gloria Deo, Domino Inferi, et in terra vita hominibus fortibus. Laudamus te, benedicimus te, adoramus te, glorificamus te propter magnam potentiam tuam: Domine Satanas, Rex Inferus Imperator omnipotens.' Auch das Vaterunser ist an Satan gerichtet: 'Our Father which art in Hell. (....) We take this night our rightful due, and trespass not on path of pain. Lead us unto temptation, and deliver us from false piety. (....) And let reason rule the earth.' Die vom Priester konsekrierte Rübenhostie wird unter blasphemischen Schmähungen Jesu als Sklavengott bespiien und zertrampelt, aber den im Meßkelch befindlichen Wein oder Likör bietet der Zelebrant den Gläubigen mit den Worten an: 'Seht den Kelch der Fleischeslust, der Lebensfreude schenkt.'"

Andere praktizierte Rituale sind z.B Bann(ungs)rituale. Phil Hine, eine bekannte Größe in der Szene stellte dazu fest: "Wenn ich für jede Person, die ich während der letzten Jahre traf, und die zu mir sagte, "Ich mache mir nichts aus Bannungsritualen" und sich dann anfing zu wundern, warum sie Probleme mit ihrer Magie bekam, wenn ich also für jede solche Person 1 Pfund Sterling bekommen hätte nun, ich hätte genug Geld für eine Mahlzeit in einem gediegenen Londoner Restaurant. Ein Bannungsritual ist das erste, was Du lernen solltest, wenn Du Dich mit Magick beschäftigst (meiner Meinung nach zumindest), und dies zu tun spart später jede Menge Ärger. "Bannen" wird auch als "zentrieren" bezeichnet, was in mancher Hinsicht ein passender Ausdruck für die Übung ist." (s. Abrahadabra Nr. 8, Okt./Nov. 1993).

Weitere Rituale nennen sich z.B.:

Die Evokation der Vergessenen-durch den Magischen Spiegel (s. Abrahadabra Mai 1993)
Invokation von ALHKTGA (s. Abrahadabra 12/1992 - gehört zum Bereich der Henochischen Magie)
Invokation des Nop,
Invokation von EDLPRNAA-König des Feuers (s. Abrahadabra 3/1993)
Kommunikation mit Lam (s. Abrahadabra 12/1992)
Liber HAD-sub figura DLV-Der Kult des unendlichen Inneren und
Liber NV-sub figura XI-Der Kult des unendlichen Äußeren, (s. Abrahadabra, Mai 1993)
Ritual für die Qabalisitsche Sphäre von Malkuth und

Ritual für die Qabalistische Sphäre von Tiphareth (s. Abrahadabra Juni / Juli 1993)
Der Ritus des schwarzen Stern, verschiedene Opferrituale,
Strategem Nr. 14-Für die Rückkehr der Seele einen Leichnam ausleihen
Shattering-Die Einsamkeit des Langstreckenläufers

Dieses wird mit einer Warnung eingeleitet: "Das Ritual, das folgt, ist rein Ich-bezogen und kann verschiedene Folgen haben, die sozial unerwünscht bis unakzeptabel sind. Von unkontrollierter Ego-Aufblähung bis hin zu paranoiden Aggressionsausbrüchen ist eine Menge möglich. Allerdings sollten solche unangenehmen Folgen nur bei einem Magus auftreten, der fähig ist, den Anfang zu erwischen und nur dann, wenn der Magus eine zu festgelegte Tunnelrealität bewohnt, sowieso neurotisch ist oder den Sinn dessen, was er tut, nicht versteht. Bei Leuten, die gerne Magi der beschriebenen Art wären, denen aber die Potenz fehlt - oder die notwendige Struktur - wird nichts von Bedeutung geschehen."



5. Schlußbemerkung
Die vorliegenden Fragmente über satanistische Handlungen und Ritualpraxis machen deutlich, daß "Satanismus" nur sehr differenziert zu beurteilen ist. In allen magischen Systemen werden höchst manipulative Techniken (von Autosuggestion bis Trancearbeit) zur Beinflussung der Involvierten bewußt eingesetzt, obwohl für die unerwünschten Folgen (Paranoia oder sonstige psychotische Zustände) keine Verantwortung übernommen wird. Zunehmend brutaler und krimineller geht es in einigen Bereichen des Satanismus zu (Black Metal, Jugendzentristischer Satanismus, aber auch in einigen Sektionen des Rationalistischen wie Okkultistisch-traditionellen Satanismus). Gesetzgeber, aber auch die Strafverfolgungsbehörden, sowie die Jugendämter sind aufgefordert, entsprechend ihren Möglichkeiten (Gesetzgebung, fachspezifische Ausbildung von geeigneten Mitarbeitern) zu reagieren. Die Beratung und vor allem die Rehabilitation von Involvierten und Ex-Mitgliedern steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen.

Hier muß bald und nachhaltig eine Besserung im Sinne der Betroffenen und ihrer Angehörigen eintreten!



6. Literatur
Baer, Harald: Satanismus, in: Unsere Seelsorge, Oktober 1986
Crispino, Giovanni: Zatterin - Das Buch vom Teufel, Frankfurt am Main, 1987
Drury, Nevill: Lexikon Esoterischen Wissens, München, 1988
Dvorak, Josef: Satanismus: Schwarze Rituale, Teufelswahn und Exorzismus, Geschichte und Gegenwart, München, 1993
Grandt, Guido & Michael: Schwarzbuch Satanismus - Innenansicht eines religiösen Wahnsystems, Augsburg, 1995
Introvigne, Massimo: Auf den Spuren des Satanismus, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschuungsfragen; Heft 6 & 7 / 1992
Haack, Friedrich-Wilhelm und Annette: Jugendspiritismus und -satanismus, Begriffe - Informationen - Überlegungen, München, 1988
Haack, Friedrich-Wilhelm: "Satan - Teufel - Luzifer", Alter Aberglaube - Neuer Satanskult, München, 1987
Hund, Wolfgang: Okkultismus - Materialien zur kritischen Auseinandersetzung, Mülheim an der Ruhr, 1996
Melton, P.G.: Magic, Witchcraft and Paganism in America - A Bibliography, New York, 1982
Mischo, Johannes: Okkultismus bei Jugendlichen, Mainz, 1991
Mühlmann, Wolf-Rüdiger: Satanismus und Musik, in: Göttinger Tageblatt am 9.2.1995
Schmidt, Joachim: Satanismus, Mythos und Wirklichkeit,Marburg, 1992
Smith, Margaret: Gewalt und sexueller Mißbrauch in Sekten, Zürich, 1995
Symonds, John: Aleister Crowley, Das Tier 666, Basel, 1983
Wenisch, Bernhard: Satanismus, Schwarze Messen - Dämonenglaube -Hexenkulte, Stuttgart, 1988
Zinser, Hartmut: Jugendokkultismus in Ost und West, München, 1993



7. Zur Person
Diakon Ingolf Christiansen, Jahrgang 1950, früherer Beruf: Industriekaufmann. Ausbildung am Theologischen Seminar in Wuppertal, danach Leiter einer Stadtmissionsgebiete in Berlin Charlottenburg, seit 1986 Beauftragter für Weltanschauungsfragen des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises Göttingen-Stadt. Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Sogenannte Sekten und Psychogruppen". Spezialgebiete (nach eigenen Angaben): "Destruktiv-Kulte und Psychomarkt (z.B. Scientology), Okkultismus, Spiritismus und Satanismus.

Das von ihm verfaßte Buch "Bedeutung und Relevanz von Sekten, Destruktiv-Kulten und Weltanschauungen für Jugendliche in unserer Gesellschaft" wird 1996 bei ibbw in Göttingen erscheinen.
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