Am 19.04.07 um 24 Uhr auf ARD
Mama, sind wir arm? Kinder am Rande der Gesellschaft
Claudio schleppt gespendete Lebensmittel für die ganze Familie nach HausePressetext:
Claudio ist 11. Er hat nicht viele Spielsachen, nur eine Kiste Lego. So ist das Leben, sagt er resigniert. Doch wenn er mit dem geschenkten Roller durch St. Pauli fährt, sieht man ihm die Armut nicht an. Mit dem Roller schleppt er eine riesige Tüte gespendeter Lebensmittel nach Hause - zum Monatsende wird es in der Familie besonders knapp. Claudios Mutter lebt mit drei Kindern und ihrem jüngeren Bruder in einer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung. Der Junge teilt sich das winzige Zimmer mit seinem Onkel, seine Mutter schläft mit dem Baby im Wohnzimmer, nur die große Schwester hat ein eigenes Zimmer. Seit zwei Jahren suchen sie nach einer größeren Wohnung.
Alleinerziehende Mütter und ihre Kinder sind besonders häufig von Armut bedroht. Die Familie bricht auseinander, die Mutter findet keinen Job oder kann wegen der kleinen Kinder nicht arbeiten, und schon ist die Familie von Hartz IV abhängig. Da bleibt kein Geld übrig für Sportverein, Kino, U-Bahnfahrten. An den Klassenreisen können diese Kinder nur teilnehmen, wenn die Schule oder eine Hilfsorganisation dafür aufkommt. Ohne die Hilfe der privaten und kirchlichen Initiativen würde es den Familien noch viel schlechter gehen. Im Jesuscenter in St. Pauli gibt es freitags eine warme Mahlzeit für die Kinder, die Mitarbeiter spielen mit ihnen, bieten Musikunterricht an und geben den Kindern das Gefühl von Geborgenheit.
Der 9jährige Fabio wünscht sich sehnlichst eine Gitarre, und Unterricht. Aber die Mutter hat kein Geld dafür. Selbst zum Geburtstag oder zu Weihnachten nicht. Sie hat gerade alles ausgegeben, um sein Zimmer neu zu streichen. Die alte schmuddelige Matratze hat zum Glück das Jugendamt ausgetauscht. Vor vier Jahren, als Mutter und Sohn nach der Trennung vom Vater in die Sozialhilfe gefallen sind, ging es ihnen noch schlechter. Fabio reagierte darauf äußerst aggressiv, gegen andere und gegen sich selbst. Eines Tages lief er auf eine voll befahrene Straße, weil er so nicht mehr leben wollte. Inzwischen hat er gelernt, dass es für ihn keinen Cent Taschengeld gibt, aber abfinden kann er sich damit nicht.
Wie Claudio und Fabio leben nach neuesten Zahlen bundesweit 1,8 Millionen Kinder am Rande der Gesellschaft. Manche Familien kommen mit der Situation mühsam zurecht. Andere schaffen es nicht. Da nehmen die Probleme überhand, die Armut wird mit Alkohol schön getrunken oder mit Gewaltausbrüchen kompensiert, die Kinder bleiben zumindest zeitweise sich selbst überlassen. Zum Schutz des Kindes wird ein solcher Fall nur anonym dargestellt