Quelle:http://archiv.rhein-zeitung.de/on/00/09/28/topnews/porn.html
Kinderpornos mit Mord und Folter
Horrorvideos aus Russland in Italien - "Gipfel des Grauens"
Rom/Moskau - Italiener sprechen vom "Supermarkt des Horrors": Spezialisten der Polizei haben Kinderpornos von derartiger Grausamkeit entdeckt, dass selbst Fahnder unter Schock stehen. "Bilder mit Folter und Mord", Videos mit mutmaßlichen Kinderleichen, grausige Vergewaltigungen.
Einige Opfer seien jünger als ein Jahr. Produziert seien die Horrorvideos in Russland, vertrieben werden sie via Internet. Viele der Opfer stammten aus russischen Waisenheimen. "Hunderte Millionen Dollar" habe der russisch-italienische Pornoring umgesetzt, vermuten die Behörden. Elf Festnahmen gab es bisher - drei Russen kamen in ihrer Heimat in den Genuss einer Amnestie; die Gefängnisse waren zu voll.
TV-Skandal
"Die Bilder hinterlassen ein Gefühl der Verzweiflung", berichtete ein italienischer Fahnder. "Man möchte am liebsten seinen Beruf aufgeben, die Augen schließen und das Leiden vergessen." Als die italienischen TV-Nachrichten am Mittwochabend einige Horrorszenen ausstrahlten, lösten sie einen Skandal aus. Der Chef der römischen "Tagesschau" entschuldigte sich persönlich beim Publikum. "Solche Bilder werden nie wieder zu sehen sein". Mehrere Mitarbeiter traten am Donnerstag zurück. Das Parlament in Rom nahm sich der Sache an; Auch Staatspräsident Ciampi schaltete sich in die Debatte ein.
"Nachfrage nach Perversion"
"Ausverkauf im Waisenheim", titelte eine Zeitung aus Turin. Teilweise seien die Opfer aus dem Nahen Osten nach Russland entführt worden. Angefacht werde das Geschäft durch die "Nachfrage nach Perversion" aus dem reichen Westen; befriedigt im Russland des wilden Kapitalismus und der Mafia. Drehort ist nicht selten das Kinderzimmer. "Einige Kinder sind noch immer in Gefangenschaft", vermutet das römische Fernsehen. Mutmaßlicher Chef des Rings sei ein 31 Jahre alter Geschäftsmann aus Murmansk. Empört wettert die russische Zeitung "Sewodnja", dass er wieder auf freiem Fuß sei.
Einige Videos möglicherweise getürkt
Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete, unter anderem seien Bilder eines erhängten Mädchen vertrieben worden. Manche Videos beginnen ganz harmlos wie ein "russisches Märchen", berichtet eine Zeitung. Lachende Kinder spielen - bis ein brutaler Vergewaltiger auftritt, die Kinder sich unter Schmerzen winden. In einer Szene sei der aufgeschlitzte Körper eines kleinen Mädchens zu sehen. "Snuff movie", nennt der internationale Markt der Perversion solche Szenen - gemeint ist Mord vor laufender Kamera. Fahnder sprachen von einem "Quantensprung der Grausamkeit".
Noch sei nicht völlig geklärt, ob es sich bei einigen Videos nicht um getürkte Montagen handeln könnte. Doch italienische Fahnder sind skeptisch. "Leider sind wir zur Überzeugung gekommen, dass es für die Opfer eine tragische Wende gibt. Einige von ihnen wurden letztlich ermordet", meint Staatsanwalt Alfredo Ormanni. Schon wollten Kunden bei der Suche via Internet Garantien, dass bei den Gewaltszenen "echtes Blut" fließt. Insgesamt 1.700 Ermittlungen führt die italienische Polizei derzeit, über 600 Durchsuchungen gab es.
Geschätzter Umsatz: Acht Milliarden Mark
Die Kosten für den Kindersex samt Folter und Mord gehen ins Astronomische. Die Mailänder Zeitung "Corriere della Sera" recherchierte, die grausamsten Videos mit Folter und Mord kosteten bis zu 40 Millionen Lire, 40.000 Mark. Rund 20 Millionen Filme für Pädophile seien weltweit in Umlauf, geschätzter Umsatz des globalen Geschäfts mit dem Kindersex: acht Milliarden Mark. Das weltweite Internet macht die Vermarktung immer leichter. Ein italienischer Fahnder klagt: "Es ist wie mit Mafia und Camorra, die Polizei ist nicht richtig ausgestattet, sie zu bekämpfen."
Von Peer Meinert, dpa