Anstrengende Arbeit




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Moderator: dewdrop

Anstrengende Arbeit

Beitragvon frida » Mi 2. Sep 2009, 20:41

Also ich arbeite ja (unentgeldlich) in einer Kinderklinik im Bereich Familienpsychosomatik. Mittwochs ist auf einer Station Visite, da gehe ich immer mit, weil wir die patientInnen von dort mitbetreuen, wenn es Probleme gibt und ich es auch interessant finde, was über (medizinische) Krankheitsbilder zu erfahren, Behandlungsmöglichkeiten usw.
Dann sagte heute ein Assistenzarzt zu meinem Chef, dass er ein Mädchen gesehen hätte, das eine total tiefe Schnittwunde hatte (Unterarm) und dass er die heute sehen solle. Ich habe mich dabei nicht angesprochen gefühlt, hatte auch erst gedacht, die sei stationär dort, war aber nicht.
Heute nachmittag sollte ich noch mit einem Patienten auf der Station reden, der zwar schwerkrank ist, aber so tut, als wäre nichts, der auch kein Interesse an Gesprächen hat. Und dann meinte mein Chef so gegen 12.45, dass um 13.30 zwei Termine eingetragen worden seien - also es gibt auf dem PC einen Kalender für Ambulanztermine - und hat mich gefragt, ob ich einen übernehmen kann. Der eine Termin war mit einer Familie, mit der er schon gesprochen hatte, insofern war klar, dass ich die andere sehe. Dann fand sich kein Eintrag unter dem Namen, hinterher hat sich rausgestellt, dass der Name falsch geschrieben war, das Geburtsdatum fehlte. Dann wurde das von der Anmeldung her irgendwann korrigiert und fast unmittelbar vor dem Termin meinte dann mein Chef, das sei das Mädchen von dem der Assistenzarzt vorher geredet hätte. Das fand ich ganz klasse, dann kam noch ein angehender Kinderarzt mit, den ich nicht kannte. Naja und dann sah ich diese 13j. mit ihren Eltern, die wie eine Erwachsene redete und so unter Druck stand,obwohl sie seit Januar eine Psychotherapie macht mit der sie aber nicht zufrieden ist. Also ich bin schon klar gekommen, obwohl ich sicher nicht alles geblickt habe und das Mädchen meinte, sie hätte jetzt mehr gesprochen und rausgekriegt als in den Monaten Therapie davor. Dann kam noch mein Chef (also wir waren kurz zusammen im Büro) und fragte, wie es war und ich konnte gar nicht wirklich anworten. Der ist halt gewohnt, alles kurz zusammenzufassen und darzustellen, ich aber nicht. Dann wollte er noch meinen Eindruck vom Eltern-Paar, aber der ist mir immer zu schnell mit Festlegungen,habe ihm auch gesagt, dass ich das so nicht mache nicht nur nicht kann, sondern auch nicht will. Also dieses Abklopfen drauf, ob Eltern scih öffnen, welches Paarproblem da sein könnte.... Ich mag das nicht, weil ich ja auch von mir weiss, das Vertrauen nicht in einer Stunde entsteht. Er hat da eine völlig andere Haltung.
Aber das wühlt schon auch viel auf in mir, auch das Gespräch mit dem jungen Mann, dem alles egal ist, hauptsache, er kann wieder nach Hause und da kam soviel Leere rüber.
Frida
frida
 

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Beitragvon Glitzerchen » Do 3. Sep 2009, 14:44

Hm Frida,
also gelesen habe ich es, aber viel dazu sagen kann ich nicht.

Ich kann dir nur den einen Ratschag geben, dass du nie von deinen Mustern abkehren solltest, welche du für dich selbst als Ziel gesteckt hast.
Wenn du denkst, dass es dir nichts bringt, schon nach 1 std. etwas klar zu definieren, so würde ich dies auch nicht ändern.
Egal wie stark der Druck des Professors auch sein sollte.
Sage dir immer, jeder Mensch ist anders. Gott sei Dank auch. Daher ist es auch erlaubt, anders zu denken und zu handeln, wie der Gegenüber.
Ist z.B. unsere Devise immer, wenn uns andere Menschen so kommen, wie dein Professor.

LG Glitzerchen
Glitzerchen
 

Beitragvon frida » Do 3. Sep 2009, 21:59

Hi glitzerchen,
danke für deine Reaktion.
Also ich glaube nicht, dass es nichts bringt, direkt nach einer Stunde was mitzuteilen, aber wenn ich noch nicht mal eine Minute zum Nachdenken für mich hatte -nach 1,5 Stunden Familiengespräch - dann geht es einfach nicht. Außerdem bin ich nicht so, dass ich eine Familie gleich in eine Schublade packe nach einem Erstgespräch.
Also soweit ich das bisher in der Klinik mitbekommen habe, werden Ärzte aber so sozialisiert: sie machen sich einen Überblick über die Krankengeschichte (also jetzt bezogen auf körperliche Krankheiten) und erzählen bei der Visite eine Kurzzusammenfassung.
Und mein Chef ist ja Mediziner vom Grundberuf her und ist auch neugierig, keine Ahnung. Der versucht immer wieder alle gleich einzusortieren, während ich das prinzipiell nicht mache und auch vertrete warum.
Ich bin ja selber von ÄrztInnen falsch eingeschätzt worden immer wieder (also was meine Psyche angeht), ich lehne solche "Schnellschüsse" prinzipiell ab. Wer sagt schon "alles" in der 1. Stunde bei völlig unbekannten Therapeuten?
Frida
frida
 

Beitragvon Glitzerchen » Fr 4. Sep 2009, 13:33

Da kann ich deinen Standpunkt ur vertreten.
Kennen wir ja hier alle zur Genüge, dieses falsche Schubladen denken.
Schön zumindest, dass diese Patienten in dir jemanden haben, der nicht so denkt, wie der Chefarzt.

Weiß es nur aus unserer Vergangenheit in der Psychatrie, dass wir gegenüber dem Chefarzt dort, kein Vertrauen hatten. Auch er schubste uns gleich wieder in die besondere Schublade der Borderlinerin, obohl bereits 2 Gutachten (eins von der Huber davon) mit in unserer Akte waren.
Die einzige die sich tatsächlich uns öffnete, war damals die Klinik Psychologin, die uns in den eigenen 4 Räumen dort sagte, was sie vom Stationsarzt hällt.
Da sie aber dort das Arbeitsklima nicht stören wollte, redeten wir nur in ihrem Raum von MPS, jedoch nicht, außerhalb dieser Wände.

Weiß nur noch, dass es für uns unter diesen Umständen sehr schwerr war, dass wir nur dort ehrlich sein konnten, denn genau dieses Gegensätzliche denken der Außenwelt, brachte uns erst in diese Klinik.
Wir haben grundsätzlich nie ewas in der ersten Stunde offen gelegt, was unseren Körper betrifft. Kann das noch nicht einmal nach 10 Jahren sagen, wenn ich ganz ehrlich bin, da ich weiß, dass hier noch sehr viele Innies schweigen, zu ihren eigenen Erfahrungen.

Hoffe, dass diese Patienten nicht auch so einen Eindruck bekommen haben, dass der Chef nur seinen Standpunkt vertritt und andere Meinungen einfach nicht offen zu lässt.

LG Glitzerchen_A.
Glitzerchen
 

Beitragvon frida » Mo 14. Sep 2009, 19:10

Hi Glitzerchen,

danke für diene Antwort. Hatte sie zwischendurch schon gelesen, war aber einfach so beschäftigt, dass ich noch nicht geantwortet habe.
Ja mit dem Schubladendenken, das finde ich zum Kotzen. Habe heute wieder mal eine "Lektion" vom "Chef" erhalten. Der hat das super geschickt gemacht, mcih in der Ambulanzgruppe (also montags und freitags kommen Leute von außerhalb, die auch mti Familien/Kindern arbeiten) außen vorzuhalten und seine Meinung durchzusetzen. Ich hatte danach Krankengymnastik und die Krankengymnastin meinte, aus ihrer Sicht sei das Mobbing. Naja, so weit gehe ich noch nicht, weil er (Chef) letzte Woche völlig anders war mir gegenüber auch am Freitag noch.
Dann hat er erzählt, wie er gelernt hat - in der Neurologie wohlgemerkt während der Facharztausbildung - dass er erst eine Diagnose stellen muss und dass das eine Falle war. Warum, da hatte ich vor lauter Wut schon abgeschaltet, weil er klargemacht hat, dass er das deshalb auch von uns verlangt - mein Gott, der ist 52 und bleibt auf dem Stand von vor 25 Jahren stehen (cirka). Und als ich dann zu diagnostischen Fragen eine andere Meinung hatte (bzw. zu diagnosen) da hat er mich völlig an die Wand gespielt und als es um PatientInnen ging, die ambulant angebunden werden sollen, hat er eine Kollegin genannt, an die die anderen denken sollten. Dabei hat er am Freitag ncoh gesagt, wenn mich "jemand interessiert", dass ich ja auch Kinder/Jugendliche für meine Praxis übernehmen kann.
Ich war so was von wütend. Ich habe jetzt beschlossen, mich nicht mehr von seiner Anerkennung abhängig zu machen, auch nicht von seinem Vorgehen, war er vor x Jahren gelernt hat. ich habe es anders gelernt und finde das auch sinnvoll.
Okay, bin immer noch wütend - aber besser als depressiv.
Übrigens war die ganze Gruppe - naja bis auf zwei Frauen, die sich mit Blicken mit mir verständigt haben - plötzlich auf seiner Seite.
Frida
frida
 

Beitragvon Glitzerchen » Di 15. Sep 2009, 14:24

Huhu Frida,

sorry, wir liegen schon wieder einmal mit einer Erkältung flach.
Wollen dir dennoch kurz antworten.

Deine Antwort erinnert mich immer mehr an unseren Auffenthalt. Unsere Psych. hatte damals auch nur 2 Schwestern im Rückenhalt von sich, dass waren Anni und Margot. Das war auch alles was sie hatte, denn diese beiden mussten sie in ihrer Diagnose bestättigen, da sie Kontakte zu unseren Innenkindern aufbauen konnten.
Schon allein durch die veränderte Stimmlage, Körperhaltung, Augenfarbe war ihnen damals klar, dass nur die Diagnose der Thera stimmen konnte.
Doch offen zugeben, war auch ihnen nicht möglich.

Finde es einfach nur noch traurig, dass Chefärzte auf den Stand vor über 20 Jahren bleiben, nur um ihre Machtposition zu präsentieren. Ist aber hier in unserem Krankenhaus auch nicht anders.
Nicht einmal als wir damals einen Prozeß gegen besagter Klinik führten, änderte die Chefin ihre Meinung. Aber egal, wir wissen heute nur, dass wir diese Klinik keinem empfehlen würden. Vielleicht passt das besser unserer Chefin in den Kram, als sich mal mit neuem Denken zu überschütten.

Ich hoffe, dass ihr euch dennoch nicht unterkriegen lasst, denn jeder Mensch hat in unserem land das Recht auf freie Meinungsentfaltung.
Klar ist schlucken und anders denken nur im Innern doof, aber besser, als weiterhin die Schikanen zu ertragen.
Was deine Kollegin äußerte, ist dennoch nicht verkehrt. Auch wir sehen es schon als das reinste Mobbing an, wenn neue, jüngere Ärzte fertig gemacht werden, und wenn es nur durch solche Art Machspielchen sind, die dort dein Chef ausübt.

Ich denke eher, dass dein Chef eher mal zum alten Eisen gehört und mal darüber nachdenken sollte, seinen Posten abzugeben, um es Patienten einfacher zu machen.
Doch leider weiß ich und wir kennen es auch, wie eben solche ärzte der alten Schule darüber denken.
In diesem Sinne können wir euch nur weiterhin Durchhaltevermögen schicken, mit der besten Hoffnung, dass ihr euch irgendwann von solch einer Klinik lösen könnt, wo ein schweigen eher gefördert wird, als ein offenes reden.

LG Glitzerchen_A.
Glitzerchen
 

Beitragvon frida » Di 15. Sep 2009, 21:33

Hi A.,
also wir haben überlegt, uns jetzt ab Januar einen anderen Platz für diese "praktische Tätigkeit" zu suchen, ganz egal, was sonst noch dort läuft. Wir haben uns ja nur bis zum 31.12.09 verpflichtet und wenn es uns nicht gut ginge, könnten wir jetzt auch kündigen, da wir drei Monate am Stück machen müssen, um die Stunden für die Ausbildung nach dem Psychotherapeutengesetz anerkannt zu bekommen.
Meine Geigenlehrerin meinte heute, dass ich doch mit ihm drüber reden sollte, also ob er ein Problem mit mir hatte und wenn nicht, wäre es sein Problem. Ich sehe es aber eh als sein Problem.
Der Chef ist übrigens 5 Jahren jünger als ich. Und nein, ich habe nicht mal am Montag geschwiegen und ich werde auch weiterhin nicht schweigen. Falls der Klinikschef wieder da sein sollte bei der Visite bzw. überhaupt, dann werde ich dem ein paar Verbesserungsvorschläge z.B. zur Visite machen. Und das Lied "Die Gedanken sind frei" war schon als Kind eins unserer Lieblingslieder.
Frida
frida
 

Beitragvon frida » Di 15. Sep 2009, 21:33

P.S. Gute Besserung, hoffe, dass es dem Enkelkind auch besser geht und der Tochter
frida
 

Beitragvon Glitzerchen » Mi 16. Sep 2009, 00:58

Huhu Frida,

cool, solange das Lied immer noch vorrang bei euch hat, kann ja nichts schief gehen.

Ja, dem lütten geht es soweit gut, hatte freitag die erste OP.
Tochter ist aber wohlauf, nur halt traurig, dass sie ohne Kind gehen musste.
Glitzerchen
 

Beitragvon Kiki86 » Mi 16. Sep 2009, 14:27

hallo frida
ich kenne solche verhältnisse aus der ersten klinik in der ich war. das erste mal in der psychiatrie und ich dachte "das ist da wohl so". lippische nervenklinik dr.spernau in bad salzuflen. horrorhaus!
unglaubliche dinge haben sich da abgespielt, vorallem bei den visiten. sehr retraumatisierend für mich. wie sie da in dieser riesigen gruppe um einen herumstanden und vernichtend über meinen kranken seelenapparat sprachen. hat mich jedesmal der chefarzt richtig fertig gemacht. angeblich wollten sie provozieren um zu sehen, wie wir dann darauf reagieren. und dann diese machtspielchen zwischen dem "team" aus 2psychologen, oberarzt, chefarzt und 2schwestern. der chefarzt so ein schmieriger typ. angeberisch, narzisstisch, öllöckchen, selbstverliebt, herablassend, sadistisch.
hat den oberarzt und die psychologen vorgeführt. irreales schauspiel. hab mal auf der internetseite vor kurzem nachgesehen und alle sind dort noch in den gleichen positionen.
zum schluss habe ich es geschafft (nach 10wochen demütigung und heulerei bei den visiten) ihn bloßzustellen vor versammelter mannschaft. ICH ihn! hab einen psychologischen makel von ihm aufgegriffen und mich mit zitternder, brüchiger stimme bemüht, ihn zu entthronen. war dann der held bei den psychologinnen (bei progressiver muskelentspannung am selben tag hatte es sich schon bis zu der anderen psychologin herumgesprochen und sie hat es eine >heldentat< genannt).
übrigens hatte ich von denen keine auskunft erhalten, was ich denn nun eigentlich hätte, bei den visiten wurde darauf herumgeritten, dass ich ein SENDER-EMPFÄNGER-PROBLEM in der kommunikation hätte (hat mir nie wieder jemand gesagt) und im entlassungsbericht stand dann histrionisch-infantile persönlichkeitsstörung.
alles in allem also ein sehr "netter" aufenthalt. also längst nicht mal so schlimm wie der aufenthalt in ochsenzoll.
also was ich damit eigentlich sagen wollte ist, dass ich die beobachtung gemacht habe, dass in kliniken ein irrsinniges machtgeplänkel mit manipulation der patienten, seitenhieben vor versammeltem team,intrigen usw. stattfinden. anstatt sich um ihre eigentliche arbeit zu kümmern. und natürlich gibt es ganz naturgemäß auch noch bei angenehmen teams die unterschiedlichen vorstellungen über die "richtigen" vorgehensweisen, behandlungsansätze, diagnosestellung etc etc.
gruß kiki
Kiki86
 

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